Selbstverwirklichung
in Philosophie und Praxis
Selbstverwirklichung
im Sinne des "Erkenne dich selbst" ist das zentrale
Anliegen aller esoterischen Richtungen. Man könnte noch einen
Schritt weiter gehen und sagen "Erkenne dich selbst, so erkennst
du Gott". Das Göttliche bzw. die Rückbindung ("religio")
an das Göttliche ist der Kern nicht nur aller Religionen,
sondern auch der Esoterik. Im Gegensatz zu manchen organisierten
Religionen herrscht hier die etwas tolerantere Auffassung, daß
viele oder alle Wege zum Ziel führen. Für die einen
heißt dieses Ziel "Erleuchtung" (östliche
Philosophien), für die anderen "Eins werden mit Gott"
oder dem Schöpfer.
Gemeint ist
immer die Transzendenz des materialistischen Denkens, der Dualität
und die damit verbundene Auslöschung des Egos.
Ein Erleuchteter
erfährt sich nicht mehr als getrenntes Individuum, sondern
handelt aus dem unendlichen Potential der Gegenwart, ohne eigenes
Interesse. Er ist ein Teil des Ganzen, das heißt zu einem
bewußten Tropfen im Meer der Schöpfung geworden, und
repräsentiert sie als völlig authentisches und zugleich
bedingungslos liebendes Wesen. Als Erleuchtete gelten zum Beispiel
außer Buddha und Jesus Lao Tse, Yogananda, Muktananda, Krish
namurti und Osho.
Die uralte
esoterische Weisheit lehrt, daß alles die äußere
Erscheinung eines geistigen Wesens ist: das Universum selbst,
jede Sterngruppe, die Milchstraße, die Sonnen und Planeten
bis hin zum kleinsten Geschöpf. Gleichzeitig ist alles in
allem enthalten ("wie oben, so unten"), spiegelt sich
dieses unfaßbare Wesen in allem wieder. Der Mensch als Mikrokosmos
ist ein (noch nicht voll entwickelter) Teil oder sogar das Abbild
dieses Wesens (" ... und Gott erschuf den Menschen nach seinem
Bilde"). Alle Ausdrucksformen dieser göttlichen Intelligenz
- und dazu zählen außer den Engeln, den aufgestiegenen
Meistern (vollendete Menschen) auch der Mensch - sind an der Schöpfung
beteiligt.
Der Mensch
gilt dem Esoteriker als ein im Materiellen verankertes Bindeglied
zwischen Gott und Materie. Er hat als solcher den freien Willen,
im Rahmen des zu erkennenden göttlichen Planes (Experimentes)
mitzuwirken und somit ein Teil Gottes und damit auch göttlich
zu werden.
Viele Menschen
stoßen auf die Esoterik oder auf östliche Philosophien,
weil sie in ihrem Leben an einen Punkt gekommen sind, an dem sie
materiell alles erreicht haben, was sie erreichen wollten. Sie
sind gesättigt, aber dennoch unzufrieden. Eine Frage, die
sich dann vielen stellt, ist: Und das soll alles sein was jetzt?
Andere wiederum kommen durch Leid und erschütternde Lebenssituationen
(Verlust, Unfall, Krankheit, Katastrophen) zur Frage nach dem
Sinn des Lebens. Wieder andere entdecken ungewöhnliche Fähigkeiten
an sich: Sie sehen Farben oder hören Stimmen, die sie nicht
einordnen können und die ihnen Angst machen.
Esoterische
und östliche Philosophien gehen davon aus, daß es mehr
zwischen Himmel und Erde gibt, als wir sehen, hören, fühlen
und uns vorstellen können. Das Leben beginnt nicht mit der
Geburt, und es endet auch nicht mit dem Tod. Im Gegenteil: Bei
der Geburt vergessen wir unsere göttliche Herkunft und fallen
aus dem "Himmel" in eine Welt mit drei Dimensionen,
in der wir nur mit fünf Sinnen wahrnehmen können. Es
ist jedesmal wie eine Vertreibung aus dem Paradies. Die Seele
macht sich auf die Suche, um die notwendigen Erfahrungen zu sammeln
und auszugleichen, die nötig sind, um zum göttlichen
Ursprung zurückzufinden und dem Schöpfer in der Materie
ein Botschafter seines Willens und seiner Liebe zu werden - natürlich
freiwillig, also versehen mit dem freien Willen, eigene Wege,
sprich Umwege, zu gehen.
Und damit
das Ganze einen- roten Faden behält, gibt es außer
den physikalisch-irdischen Gesetzmäßigkeiten noch kosmische
Gesetze, die man im Laufe des "Weges" zwangsläufig
entdeckt. Diese wirken selbstverständlich auch bei denen,
die nichts davon wissen oder nicht daran glauben. Ganz oben steht
das Gesetz des Karma, das Gesetz von Ursache und Wirkung. Es besagt:
"Was du säst, wirst du ernten", oder besser: mußt
du ernten, denn diesem Gesetz entrinnt nach esoterischer Auffassung
niemand. Wenn man dieses Gesetz in seiner Komplexität begreift
und als wahr erkannt hat, ist es eigentlich kaum noch möglich,
zu stehlen, zu betrügen oder zu morden, nicht einmal schlecht
zu denken. Denn was ich auch tue, wird "registriert"
und fällt früher oder später auf mich zurück
und widerfährt mir selbst - auch über mehrere Leben
hinweg. (Sehr anschaulich ist dies in einigen esoterischen Romanen
dargestellt, wie zum Beispiel "Der rote Löwe" von
Maria Szepan; "Der dämonische Liebhaber" von Dion
Fortune; "Die hohen Steine von Moyra Caldecott).
Das Annehmen
dieses universalen Gesetzes zwingt uns letztendlich auf die gerade
Bahn, und man lernt, für alles die Verantwortung zu übernehmen
und seinem Unterbewußtsein auf die Spur zu kommen. Eng verknüpft
mit diesem Gesetz ist der für fast alle Esoteriker unbestrittene
Glaube an die Reinkarnation, also an die fortlaufend wiederkehrende
Verkörperung der Seele in verschiedenen Persönlichkeiten.
Thorwald Dethlefsen war einer der ersten, der im Rahmen seiner
Hypnose-Regressionen mit Klienten den Versuch unternahm, diese
über die Geburt hinaus zurückzuführen, was ihm
zu seinem eigenen Erstaunen auch gelang und ausführlich dokumentiert
ist. Zahllose Autoren haben sich seitdem theoretisch und praktisch
mit diesem für Esoteriker selbstverständlichen Phänomen
befaßt, und es gibt erstaunlich gut und zahlreich recherchierte
Fälle von spontanen Rückerinnerungen und auch einige
spektakuläre Fälle (Kind identifiziert Mörder seiner
vorherigen Inkarnation).
lan Stevenson
etwa hat in langwierigen und gewissenhaften Untersuchungen zwanzig
Fälle geprüft, bei denen sich Reinkarnationen nachweisen
lassen.
Im Westen
noch unüblich, in Indien und Tibet aber ganz alltäglich
ist die angekündigte Reinkarnation hoher spiritueller Persönlichkeiten.
So wie hierzulande viele ihren Ahnenstammbaum kennen, haben hohe
geistige Würdenträger in Asien selbstverständlich
eine lückenlose Erinnerung ihrer früheren Erdenleben
und kündigen daher konsequenterweise ihre nächste Inkarnation
genau an. Das festgelegte Prüfungsverfahren zur Auffindung
und Bestätigung eines hohen spirituellen Würdenträgers
in Tibet -z.B. des nächsten Dalai Lamas - ist praktischer
Ausdruck eines im Westen für viele noch schwer annehmbaren
Glaubens, der jedoch als Tatsache Grundlage der meisten esoterischen
Disziplinen in Ost und West ist. Selbst den frühen Christen
war der Glaube an die Wiedergeburt bis zur schicksalshaften Streichung
aus der Bibel beim Konzil von Konstantinopel im Jahre 553 n. Chr.
noch erlaubt. Logischerweise haben sich in der esoterischen Praxis
daraus eigene Therapiemethoden entwickelt, die auf dieser Grundannahme
aufbauen:
1.) Die von
Dethlefsen entwickelte und in vielen Variationen kopierte Reinkarnationstherapie
(siehe Kapitel),
2.) Das Clearing
(siehe Kapitel), Diese Methode wird u. a. von Rhea Powers gelehrt.
Auch Carmen und Jerbas Marinho aus Brasilien vermitteln in Deutschland
eine Methode, die den gleichen Zweck erfüllt. Eine sanfte
Form von Exorzismus.
Der Prozeß
der Reinkarnation kann durch zahllose Zivilisationen führen
und ist durch das Gesetz des Karma von Leben zu Leben inhaltlich
verknüpft. Dies macht die Reinkarnationstherapie für
manche Leute so interessant und unter Umständen auch hilfreich.
Wenn einem bewußt wird, daß ein chronisches Leiden
oder ein Trauma (zum Beispiel eine Phobie) mit einer bestimmten
(Todes-)Erfahrung in einem früheren Leben zusammenhängt,
dann kann das, wenn der Therapeut es richtig integriert, eine
lange Ärzte- Odyssee beenden oder ersparen.
Literaturhinweise:
Weltzien,
Diane von: Das große Praxisbuch der Esoterik, Goldmann 1992
Bhagwan Shree
Rajneesh: Esoterische Psychologie, Rajneesh Verlag 1980
Pritsche,
Herbert: Der große Holunderbaum - Einführung in die
Esoterik,
Burgdorfverlag
1982
Stegemann,
Karin: Waum aber werden wir nicht weise? Octopus 1990
Moody, R.
A.: Leben nach dem Tod, Rowohlt 1977
Stevenson,
Prof. Jan: Reinkarnation, Aurum 1976
|